26.10.13

Früher Herbstmorgen.











Früher Herbstmorgen

Beim Wind heut Nacht  
hat sich der Baum
vorm Haus entlaubt.
Sein Gold auf
regennassen Wegen
scheint mir durch
fahles Grau entgegen,
als sei vom Herbst nur
dieser Farbenhauch erlaubt,

der sich verwob
mit einem Rest
von Sommergrün
im weichen Lichte
der Laternen. Und
unter den Oktobersternen
wächst aus den Blättern
meinem Schritt
ein Baldachin. 

Er dämmt
den Morgenlärm
der Stadt und duftet warm
nach Früchten, Wald
und Vogelzügen
Zu  Dunklem will
sich Helles fügen -
der Tag ummantelt mich 
und reicht mir seinen Arm.

13.9.13

Altstadtabend in Istrien











Altstadtabend in Istrien


Ein Hauch Italien überm Kopfsteinpflaster.
Aus einer Kirche bahnt sich Weihrauchdunst
den Weg durch Gassen voller Farbenkunst.
Der Mond erstrahlt wie gelber Alabaster.

Mit ihren Ziegeln formen Dächer Raster,
bezeugen Möwen freundlich ihre Gunst
zu landen dort, wo eine Feuerbrunst
einst wütete um Tore und Pilaster.

Auf Stufen liegt ein Rest von Sommerschwüle,
darüber füllt ein leichter Wind die Luft.
Er taucht die Stadt in blauen Meeresduft.

Und zwischen Fenstern steigt die Abendkühle,
von irgendwo erklingt ein Liebeslied.
Das ist die Zeit, in der das Glück geschieht.


25.4.13

Weimarer Stille

Foto: A. Meisel, Häftlingsmarsch 1939










Weimarer Stille

Überkronte Fensterbögen -
darunter leuchten
offene Himmel.Wie damals.

Auf den Pflastern stolpern Schritte.
Gestreifte. Holzbeschuht.
Hunde bellen den Rhythmus
müder Füße. Bach und Cranach
verstummen. Sein Altar
zeigt kein Leiden nach Christi.
Goethes Nachtlied will nicht klingen:
Dem doppelt elend ist
wird Erquickung verweigert.

Eingebranntes in die Arme
kann man nicht sehen, wenn
Blicke zum Gotteshaus wandern.
Oder abwärts. Nur nicht fragen,
was Jenen zugedacht.
Dem Strauchelnden das Seine.
Augenscheinlich muss das reichen.
Dank alter Schriften gilt:
Schweigen ist gülden.

Überkronte Fensterbögen -
darunter leuchten
offene Himmel. Auch heute.